Wird diese Nachricht nicht richtig dargestellt, klicken Sie bitte hier.
|
|
|
|
Ausgabe April 2025
ForuM-Bulletin #8 |
|
Inhaltswarnung: In diesem Newsletter geht es um die Aufarbeitung sexualisierter Gewalthandlungen. Einige Schilderungen können belastend wirken. Informationen zu Hilfsangeboten finden Sie hier.
|
|
|
Am 21. März verabschiedete der Rat der EKD einstimmig eine Richtlinie zur Anerkennung sexualisierter Gewalt in der EKD und der Diakonie, die die Anerkennungsleistungen erstmals einheitlich regelt. Foto: EKD/Lisa Schaube |
|
Liebe Leserin, lieber Leser,
seit unserem letzten ForuM-Bulletin hat sich viel getan: Eine einheitliche Anerkennungsrichtlinie für Betroffene sexualisierter Gewalt in der evangelischen Kirche und der Diakonie wurde vom Rat der EKD verabschiedet. Sieben von neun Unabhängigen regionalen Aufarbeitungskommissionen (URAKs) haben ihre Arbeit aufgenommen. Damit kann auch die quantitative und qualitative Erhebung von Fällen sexualisierter Gewalt deutlich beschleunigt und vertieft werden. Und schließlich hat in Breklum eine gut besuchte und aufschlussreiche Tagung zum Thema stattgefunden, über die wir ebenfalls berichten. Die Kurzinterviews in dieser Ausgabe stellen die Arbeit des Therapeuten Thomas Karrasch vor und einen der juristischen Expert*innen im Beteiligungsforum (BeFo), den mitteldeutschen Kirchenamtspräsidenten Jan Lemke.
|
|
|
Vor dem Rat hatte bereits die Kirchenkonferenz mit Vertreter*innen aus den 20 Landeskirchen der neuen Richtline einstimmig zugestimmt. Foto: EKD/Lisa Schaube |
|
Neue AnerkennungsrichtlineIm Mittelpunkt steht der betroffene Mensch
Der Rat der EKD hat am 21. März einstimmig und auf Empfehlung der Kirchenkonferenz eine Reform der Anerkennungsverfahren von evangelischer Kirche und Diakonie beschlossen. Die Verfahren sollen betroffenenorientierter werden, die Leistungen höher und vergleichbarer.
Grundlage der Reform bildet die neue Anerkennungsrichtlinie. Nachdem der Rat der EKD hierzu im September die Landeskirchen und Landesverbände der Diakonie um Stellungnahme gebeten hatte, hat die AG Anerkennung des Beteiligungsforums (BeFo) alle Stellungnahmen ausgewertet und die Richtlinie unter Beteiligung der Leitenden Jurist*innen aus Kirche und Diakonie überarbeitet.
Was sind die wichtigsten Änderungen?
- Mit der Richtlinie wird erstmals ein Rahmen für Anerkennungsverfahren, Anerkennungskommissionen und Anerkennungsleistungen von Seiten der EKD als kirchenrechtliche Norm gesetzt. Ziel ist eine weitgehende Einheitlichkeit zwischen den Landeskirchen sowie durch die Verbünde zwischen Kirche und Diakonie.
- Die Anerkennungskommissionen sollen zukünftig durch Verbünde zwischen Landeskirchen und Landesverbänden der Diakonie eingerichtet werden.
- Das Anerkennungsverfahren wird als Verfahren eigener Art beschrieben, das nicht mit zivil- oder disziplinarrechtlichen oder anderen Verfahren zu vergleichen ist.
- Anders als bei Gerichtsverfahren unterliegen Betroffene in den Anerkennungsverfahren keiner Beweispflicht. Es gilt das Prinzip der Plausibilität. Das heißt, eine Tat wird dann als plausibel angenommen, wenn es keine Fakten gibt, die dagegen sprechen und wenn die Tat als überwiegend wahrscheinlich angesehen wird.
- Die Reform rückt den betroffenen Menschen und seine Erfahrungen in den Mittelpunkt. Es entfallen bisherige Beschränkungen gegenüber nicht-verjährten Fällen, Fällen aus dem Kontext der Pfarrfamilien oder zum Tatzeitpunkt erwachsenen Personen.
- Die Richtlinie legt ein Recht auf ein Gespräch fest. Betroffene Personen sollen die Möglichkeit erhalten, ihre Erfahrungen des Unrechts der Anerkennungskommission zu schildern. Bei Bedarf können sich Betroffene dabei von einer dritten Person begleiten lassen. Das Gespräch wird intensiv durch die Geschäftsführung der Anerkennungskommission vorbereitet, die die betroffene Person vor, während und nach dem Verfahren unterstützt und informiert.
- Die Anerkennungskommission, die nicht durch kirchliche oder diakonische Beschäftigte besetzt ist, hört das erfahrene Unrecht und spricht eine Anerkennungsleistung zu. Diese setzt sich (bei strafbaren Taten) aus einer pauschalen Summe von 15.000 Euro und einer individuellen Leistung zusammen. Berücksichtigt werden dabei unter anderem die Tat und deren individuellen Folgen.
- Um die Anerkennungsleistungen vergleichbar zu gestalten, wird ein Anhaltskatalog entwickelt, der sich an der Rechtsprechung deutscher Zivilgerichte orientiert (Schmerzensgeldtabelle). Steigen dort entsprechende Leistungen, steigen auch die Anerkennungsleistungen. Somit sind je nach Tat hohe Summen von Anerkennungsleistungen möglich, die zukünftig keiner Obergrenzen mehr unterliegen.
Die Umsetzung der Richtlinie muss nun in den Landeskirchen und Landesverbänden der Diakonie erfolgen. Als Starttermin der neuen Anerkennungskommissionen wird der 1. Januar 2026 angestrebt.
|
|
|
Im Dezember 2023 wurde wurde die »Gemeinsame Erklärung über eine unabhängige Aufarbeitung von sexualisierter Gewalt in der evangelischen Kirche und Diakonie nach verbindlichen Kriterien und Standards« von der Bevollmächtigten des Rates, Anne Gidion, dem damaligen Präsidenten der Diakonie, Ulrich Lilie, und der Unabhängigen Beauftragten für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs, Kerstin Claus, unterzeichnet. Auf dem Foto von links nach rechts: Daniela Fricke, Angela Marquardt, Anne Gidion, Christine Bergmann, Ulrich Lilie, Kerstin Claus, Detlev Zander, Nancy Janz, Christoph Meyns, Karl Haucke. Foto: UBSKM |
|
Start der URAKsSieben von neun Verbünden nehmen ihre Arbeit auf
|
|
Am 13. März haben die Unabhängigen Regionalen Aufarbeitungskommissionen (URAK) ihre Arbeit aufgenommen. Ihre Amtslaufzeit umfasst zunächst eine Dauer von vier Jahren. Die neun Aufarbeitungskommissionen wurden auf einer gemeinsamen Arbeitsgrundlage errichtet, die zwischen der Unabhängigen Beauftragten für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs (UBSKM), der EKD und der Diakonie Deutschland unter Mitwirkung des BeFo erarbeitet und im Dezember 2023 unterzeichnet wurde. In dieser Gemeinsamen Erklärung sind Standards für die Zusammensetzung und den Aufbau der Aufarbeitungskommission festgelegt.
Was machen die URAKs?
Die URAKs arbeiten auf Grundlage der Gemeinsamen Erklärung. Ihre Aufgaben sind die quantitative und qualitative Erhebung von Fällen sexualisierter Gewalt in Kirche und Diakonie, Analyse von Strukturen sowie die Evaluation des Umgangs mit betroffenen Personen. Außerdem können die Aufarbeitungskommissionen die Kirchen und Diakonie auch zu weiteren Maßnahmen beraten und Empfehlungen für die Arbeit gegen sexualisierte Gewalt aussprechen. In ihre Arbeit sind bereits bestehende Ergebnisse und Erkenntnisse aus Aufarbeitungsprojekten (unter anderem auch von der ForuM-Studie) zu berücksichtigen.
Wie sind die URAKs zusammengesetzt?
Für die Bildung der Unabhängigen Regionalen Aufarbeitungskommissionen haben sich die Landeskirchen und Landesverbände der Diakonie regional zu insgesamt neun Kommissionen zusammengeschlossen. Dadurch soll eine regionale Erreichbarkeit der Aufarbeitungskommissionen für Betroffene ermöglicht werden. Gleichzeitig werden bestehende Kompetenzen und Ressourcen gebündelt, um Aufarbeitung bestmöglich auch unter Berücksichtigung der regionalen Bezüge zu fördern.
Jede einzelne Aufarbeitungskommission setzt sich aus Betroffenen, Expert*innen (die gesellschaftliche Verantwortung tragen) sowie Vertreter*innen der Landeskirchen und Landesverbänden der Diakonie zusammen. Die Benennung der Mitglieder hat nach verschiedenen Vorgehensweisen stattgefunden, die in der Gemeinsamen Erklärung und Auslegungshilfe aufgeführt sind.
Für die Benennung der Betroffenen haben die Verbünde zunächst zu einem Forum für Betroffene eingeladen, bei dem grundlegend zur Arbeit gegen sexualisierte Gewalt in Kirche und Diakonie informiert wurde und sich die Teilnehmenden untereinander vernetzen konnten. Darauf aufbauend konnten Betroffene an Workshops teilnehmen, in denen detailliert zu den URAKs und ihren Aufgaben informiert wurde. Hieraus hat sich eine Betroffenenvertretung gebildet, aus deren Mitte die Kommissionsmitglieder für die URAKs benannt wurden. So ist sichergestellt, dass Betroffene einen festen Bestandteil in der Arbeit der URAKs darstellen und die Prozesse kritisch begleiten.
Die externen Expert*innen wurden direkt von den zum Verbund zugehörigen Landesregierungen benannt. Dafür ist der Verbund an die Landesregierungen herangetreten und hat um Benennung von Personen auf Grundlage der Gemeinsamen Erklärung gebeten.
Die kirchlichen und diakonischen Vertreter*innen wurden vom Verbund berufen.
Um die Unabhängigkeit der Aufarbeitungskommissionen zu gewährleisten, dürfen weniger als 50 Prozent der Mitglieder Beschäftigte der evangelischen Kirche oder der Diakonie sein oder einem ihrer Gremien angehören.
Warum sind nur sieben statt neun URAKs am Start?
Zum Start der Aufarbeitungskommissionen müssen alle Kommissionsmitglieder benannt sein, damit die konstituierende Sitzung stattfinden kann. Sieben der neun Verbünde waren zum März 2025 final besetzt und konnten gemeinsam starten. Im Verbund »Sachsen« gibt es noch einen größeren Abstimmungsbedarf zwischen den beteiligten Gruppen. Deshalb werden sie voraussichtlich erst im April 2025 mit allen Kommissionsmitgliedern besetzt sein und ihre Arbeit aufnehmen können. Auch im Verbund »Konföderation und Bremen« kommt es zu einer Verzögerung. Die beiden von der Landesregierung benannten Expertinnen hatten kurz vor dem geplanten Start mitgeteilt, das ihnen übertragene Amt nicht antreten zu können. Betroffene hatten erklärt, dass eine vertrauensvolle Zusammenarbeit nicht vorstellbar sei, da die Unabhängigkeit der Beauftragten in Frage stehe.
Was sind die ersten Arbeitsaufträge?
Zum Start der URAKs wird es zunächst darum gehen, eine gemeinsame Arbeitsweise innerhalb der Aufarbeitungskommission zu finden, den Vorsitz zu wählen und sich innerhalb der URAK zu organisieren. Die Mitglieder der Aufarbeitungskommission entscheiden zusammen und unabhängig, welcher konkrete Fokus von der Aufarbeitungskommission gesetzt wird bzw. welche Arbeitsvorhaben wie priorisiert werden. In die Arbeit der URAKs sind die vorliegenden regionalen und überregionalen Aufarbeitungsstudien (etwa die ForuM-Studie) einzubeziehen bzw. zu berücksichtigen. Die URAK kann auch Anhörungen von Betroffenen durchführen und Studienbeauftragungen vergeben. Einmal jährlich wird ein Forum für betroffene Personen veranstaltet.
Wo lassen sich die Ergebnisse einsehen?
Die Ergebnisse, die aus der Arbeit der neun URAKs hervorgehen, werden in jährlichen Berichten zusammengetragen, veröffentlicht und fließen in die weitere Arbeit der evangelischen Kirche und Diakonie gegen sexualisierte Gewalt ein. Alle URAKs werden zukünftig Homepages aufbauen, auf denen Informationen zu ihrer Arbeit zu finden sind.
Mehr Informationen zu den URAKs finden Sie auf unserer Themenseite.
|
|
»Die erste Schuld kann nicht mehr ungeschehen gemacht werden. Die Missbrauchstaten haben tiefe seelische und auch körperliche Verletzungen mit sich gebracht. Aber die zweite Schuld, dieses fortwährende Versagen bei der Aufarbeitung, die bewusste Verweigerung von Gerechtigkeit – die könnte die Kirche beenden, wenn sie denn wollte. Aber will sie? Will sie wirklich?«Detlev Zander
im gerade erschienenen Buch »Gemeinsam anders« |
|
Thomas Karrasch leitet die Einrichtung »Männersache – Beratungsstelle für Männer und männliche Jugendliche« der Diakonie Hamburg-West/Südholstein. Foto: privat
»Nur ein kleiner Teil kommt aus eigenem Antrieb«
Interview mit dem Diplom-Psychologen und Therapeuten Thomas Karrasch vom Diakonischen Werk Hamburg-West/Südholstein, der Männer mit der Neigung zu körperlich oder sexualisiert gewalttätigem Handeln berät
Was haben die Männer, die zu Ihnen kommen, getan und wie lange beraten Sie diese?
Das Spektrum reicht im Bereich der körperlichen Gewalt von der ersten Ohrfeige in der Partnerschaft bis zu mehrjähriger habitueller Gewalt in der Erziehung, Beziehung oder auch in der Öffentlichkeit. Entsprechend unterschiedlich ist die Beratungsdauer. Im Bereich der sexualisierten Gewalt kommen viele Klienten während des laufenden Strafermittlungsverfahrens wegen des Konsums von Missbrauchsdarstellungen, andere haben aktiv Kinder oder Jugendliche missbraucht oder erwachsene Personen vergewaltigt.
Wegen der großen Unterschiedlichkeit der Voraussetzungen ist dann die Beratungsdauer auch jeweils sehr unterschiedlich. Das können im Regelfall zwischen fünf und fünfunddreißig Termine sein. Im Einzelfall habe ich auch schon therapeutische Prozesse von 80 Sitzungen in der Beratungsstelle begleitet.
Mit welcher Motivation kommen die Täter?
Nur ein kleiner Teil kommt aus eigenem Antrieb. Die meisten kommen zur Beratung, weil es die Partnerin erwartet, das Jugendamt dringend empfiehlt oder die Jugendhilfe im Strafverfahren fordert. Der erste Schritt des Beratungsgesprächs besteht deshalb darin, hinter die externen Erwartungen zu kommen und den intrinsischen Kern zu suchen. Was wollen Sie selbst an sich ändern? Was müsste anders sein, damit Sie wieder positiver in den Spiegel blicken können? Die meisten Klienten leiden ja selbst an ihrer Gewalttätigkeit.
Was ist das Ziel Ihrer Beratung?
Meine Klienten wollen, dass sie nicht wieder gewalttätig werden. Am liebsten wäre ihnen ein Werkzeugkasten für kritische Situationen. Mein Ziel ist es aber, zwischen Auslöser und Funktionen des Verhaltens zu trennen. Welches eigentliche innere Problem soll durch die Gewalt gelöst werden? Welche andere Lösungsstrategie bietet sich an? Im besten Fall gewinnen meine Klienten einen besseren Zugang zu ihrer Emotionalität. Sie entdecken, wie sie mit ihrer Angst, ihrer Beschämung oder ihrem Unterlegenheitsgefühl so umgehen, dass sie nicht ihre Würde verlieren, sondern sogar ihre Beziehungsfähigkeit verbessern.
In den Fällen von sexualisierter Gewalt in kirchlichen und diakonischen Umfeldern war die Gewalt ja oft subtil und weniger offensichtlich. Was haben Sie in Ihren Gesprächen darüber herausgefunden?
Als ich die ForuM-Studie las, musste ich dauernd nicken. Die Fallbeschreibungen entsprechen meinen Erfahrungen mit typischen Täterstrategien. 1. Schritt: Man sucht für das eigene Motiv eine innere Rechtfertigung – zum Beispiel: Ich bin nun mal sehr beliebt, charmant, nahbar. 2. Schritt: Man sucht sich ein passendes Betätigungsfeld – zum Beispiel durch die Berufswahl oder das Engagement in einem Verein. 3. Man sucht sich jemanden aus, den man für leicht verführbar hält. 4. Schritt: Die Beziehung wird sukzessiv intensiviert, so dass die Änderungen nicht trennscharf zu erkennen sind. 5. Schritt: Man baut Geheimnisdruck auf: Erzähl bloß niemandem davon, die werden nur eifersüchtig oder Ähnliches.
Was treibt Sie an, immer wieder mit Tätern ins Gespräch zu kommen?
Zweierlei: Einerseits erlebe ich die Männer, mit denen ich arbeite, auch tatsächlich selbst in Not. Die Arbeit mit ihnen an einer konstruktiven Lebensgestaltung, ohne sich selbst oder andern zu schaden, ist immer wieder spannend und auch für mich als Therapeut befriedigend. Gleichzeitig möchte ich auch aus der Sicht der Gesellschaft und der Betroffenen beitragen zu einem Leben ohne Gewalt. Und wir können den Betroffenen noch so viel Schutz anbieten, die Gewalt beenden können nur die Täter.
|
|
|
|
Die Organisatorinnen der Breklumer Tagung: Katharina Seiler und Christiane Kolb von der Fachstelle der Nordkirche, Maike Lauther-Pohl von der Evangelischen Akademie der Nordkirche, BeFo-Sprecherin Nancy Janz, Anke Fasse vom Christian Jensen Kolleg, Susanne Garsoffky vom Kirchenkreis Nordfriesland sowie Maren Schmidt, St. Nikolai Kiel, und Katrin Hansen vom Kirchenkreis Nordfriesland (von links). Foto: Anna-Lena Franke |
|
Ein Jahr ForuM-Studie: Tagung in Breklum »Stetiger Druck der Betroffenen nötig«
Ein Jahr nach dem Erscheinen der ForuM-Studie stellte sich die Tagung »Ein Jahr ForuM-Kulturwandel im Fokus« Mitte Februar in Breklum der Frage: Welchen Kulturwandel braucht es in Theorie und Praxis? Eingeladen zum Austausch und Weiterdenken hatten das Christian Jensen Kolleg in Breklum, die Evangelische Akademie der Nordkirche sowie die Stabsstelle Prävention – Fachstelle gegen sexualisierte Gewalt der Nordkirche.
Teilnehmende bringen eine Vielzahl von Perspektiven ein
Das Plenum spiegelte ein großes Spektrum an Perspektiven wider: Betroffene Menschen teilten ihre Erfahrungen, übten Kritik und stellten Forderungen. Daneben nahmen Mitarbeitende aus kirchlichen Fachstellen, Pastor*innen und Kirchenleitende an der ausgebuchten zweitägigen Veranstaltung teil.
Eine zentrale Forderung war das stetige Aushandeln und der Einbezug von betroffenen Menschen in den Kulturwandel. Gefordert wurde auch eine tiefgreifende und vor allem von Leitenden getragene Verantwortungsübernahme, Einsicht und konsequentes Handeln.
Analyse von Täterstrategien
Amina Shah, Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Sexualforschung des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf (UKE) und Mitautorin im Teilprojekt D der ForuM-Studie, stellte eine bislang unveröffentlichte Analyse der untersuchten Täterstrategien vor. Sie wertete Zitate aus den Interviews mit betroffenen Personen aus, die eindrucksvoll zeigen, wie Täter sowohl strukturelle Asymmetrien, Macht- und Glaubenskonzepte nutzten, um Opfer zu finden, deren Wahrnehmung sowie die des Umfelds zu verwirren und sie ans Schweigen zu binden. Sichtbar wurden so die begünstigenden Strukturen des evangelischen Kontextes, wie mangelnde Aufsicht über Pastor*innen, fehlende institutionelle Regeln im Umgang und die Ausnutzung religiöser Konzepte.
Ruf nach »institutionellen Sicherungsmaßnahmen«
Professor Reiner Anselm, Professor für Theologie und Ethik an der Ludwig-Maximilians-Universität in München, ging der Frage nach: Was ist für die theologische Aufarbeitung der Bedingungsfaktoren sexualisierter Gewalt notwendig? Dem Ideal, dass in der christlichen Gemeinschaft keine Kontrolle nötig sei, weil Beziehungen auf Basis von Vertrauen gelebt würden, setzte er entgegen, dass Ordnung und Kontrolle in Form »institutioneller Sicherungsmaßnahmen« nötig seien. Aus der Idee, dass Kirche als eine Art »Gegengesellschaft mit hohem inneren Solidarisierungscharakter« gelebt wird, erwachse die Gefahr, dass die »Gemeinschaftssemantiken« missbraucht würden. Er appellierte, die Schattenseiten theologischer Begriffe zu erkunden. Es sei eine große Gefahr, die Vergebung im Gott-Mensch-Verhältnis auf zwischenmenschliche Beziehungen zu übertragen: Unter weltlichen Bedingungen müssten weltliche Gesetze unter Menschen gelten. Er forderte eine neue Ethik der Nähe: Es müsse neu austariert werden, welche Nähe akzeptabel sei.
In der Diskussion wurde die Perspektive Betroffener eingefordert, mangelnder Umgang kritisiert und Achtsamkeit angemahnt. Es wurde über weitere Formate für ihre Beteiligung, auch auf Tagungen und Austausch an Orten fern von kirchlichen Zusammenhängen nachgedacht.
Hierarchien neu denken
Nancy Janz forderte, die evangelische Kirche müsse bereit sein, ihre eigenen Strukturen kritisch zu hinterfragen und Hierarchien neu zu denken. Neben einem Umfeld, in dem Transparenz und klare Verantwortlichkeiten aktiv gelebt werden, sei Engagement aller Ebenen erforderlich: Jede Gemeinde, jedes Gremium und jede Führungskraft müsse den Wandel mittragen, damit er nachhaltig wirkt. Als zentrales Kraftfeld sei aber der stetige Druck von Betroffenen nötig, war ihr Fazit.
Die ForuM-Forscherin Amina Shah leitete als Fazit drei große praktische Aufgaben ab, die für Kulturwandel und eine klare Haltung gegenüber der immerwährenden Gefahr sexualisierter Gewalt in der Institution fest verankert werden müssen:
- Die nötige Wissensvermittlung durch regelmäßige Schulungen aller in der Kirche, auch partizipativ für die Zielgruppen des Handelns wie Kinder und Jugendliche.
- Umfassende Orientierung kirchlicher Mitarbeitenden durch klare Regeln, Grenzsetzungen und Konsequenzen für grenzverletzendes Handeln.
- Eine dauerhafte Reflexion und Evaluation der Prävention.
Eine epd-Dokumentation der Tagung ist in Vorbereitung. Einen ausführlicheren Tagungsbericht können Sie unter diesem Link lesen.
|
|
Der umfangreiche ForuM-Maßnahmenplan wurde auf der letzten BeFo-Sitzung weiter konkretisiert. Foto: Anna-Lena Franke
Weiterarbeit am Maßnahmenplan
Dichte Tagesordnung auf erster BeFo-Sitzung in 2025
Das zentrale Thema der ersten BeFo-Sitzung in diesem Jahr war die Auseinandersetzung mit den Ergebnissen der AG Anerkennung. Damit verbunden war die Auswertung der landeskirchlichen Stellungnahmen zum ersten Entwurf einer Anerkennungsrichtlinie. Nach weiteren Schärfungen hat das Beteiligungsforum dem finalen Entwurf zugestimmt und die Kirchenkonferenz um Unterstützung sowie den Rat der EKD um den finalen Beschluss gebeten.
Auch an dem von der Synode beschlossenen ForuM-Maßnahmenplan wurde weitergearbeitet. Dabei standen die Prozessplanungen für die Novelle der Gewaltschutzrichtlinie (M1) und zur Einrichtung einer Zentralen Ombudsstelle (M2) im Vordergrund. Konkrete inhaltliche Überlegungen zur Auseinandersetzung mit dem evangelischen Sexualverständnis (M5) sowie der theologischen Diskussion (M6) wurden mit Vertreter*innen des Kammernetzwerks diskutiert. Dort werden derzeit Arbeitsgruppen gebildet, die sich nach einer Mandatierung durch den Rat der EKD mit den Fragestellungen auseinandersetzen sollen.
|
|
|
|
Jan Lemke, 1967 in Hamburg geboren, ist promovierter Jurist, arbeitete als Richter am Landgericht Magdeburg, leitete die Rechtsabteilung der Braunschweiger evangelischen Kirche und steht seit 2021 dem Landeskirchenamt der mitteldeutschen Kirche vor. Foto: Solveig Grahl |
|
Mitglieder des Beteiligungsforums: Jan Lemke »Hier wird das kirchliche Handeln grundsätzlich in Frage gestellt«
|
|
Jan Lemke ist Präsident des Landeskirchenamts der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland. Der langjährige Richter gehört im BeFo zu den kirchlich Beauftragten.
Neben Jura haben Sie Japanologie und Frisistik studiert. Was gab den Ausschlag, dass Sie sich beruflich für das Rechtswesen und nicht für die Sprachen entschieden haben?
Zum Ende der Schulzeit wollte ich gerne Diplomat werden, am besten Botschafter in Japan. Da mir auf dem Dachboden meiner Großtante noch Bücher meines Urgroßvaters über die japanische Sprache in die Hände gefallen waren, der Anfang des 20. Jahrhunderts auch als Offizier einige Zeit in Japan zugebracht hatte, habe ich mich schon zu Schulzeiten mit dieser Sprache beschäftigt. Ich erfuhr aber, dass für den diplomatischen Dienst nicht vorrangig Sprachen wünschenswert seien, sondern eine möglichst allgemein nutzbare Ausbildung wie Wirtschaft oder Recht; Sprachen würden zunächst nur eine Zusatzqualifikation darstellen, da man sich als Diplomat nicht auf bestimmte Länder festlegen könne. So habe ich nach dem Abitur eine Universität gesucht, an der ich beides nebeneinander studieren konnte, weil ich von der Schule her weder dem Umgang mit Wirtschaft noch mit Recht besonders viel abgewinnen konnte und auf die Japanologie nicht ohne Weiteres verzichten wollte. Drei Semester hielt ich das in Trier durch, bis ich mir sicher war, dass ich die Rechtswissenschaften nicht ohne Erfolg studieren würde, während sich die Japanologie nach meinem Geschmack zu sehr auf die zeitgenössische japanische Literatur konzentrierte und damit aus meinem Interessenfokus bewegte. So gab ich das Japanischstudium auf und setzte das Jurastudium in Kiel fort, wo ich auf die Frisistik stieß. Und nur Jura ohne Ausgleichsdisziplin ist eben doch etwas langweilig … Das Wertvolle an Sprachen sind neben einer Vielzahl interessanter Kontakte die unterschiedlichen Perspektiven auf die Welt. Dass es diese gibt, ist auch für die Rechtsanwendung Ausgangspunkt sinnvollen Wirkens.
Wie empfinden Sie die Arbeit im BeFo im Vergleich zu anderen kirchlichen Gremien?
Ich hatte mittlerweile fast 25 Jahre in der Justiz gearbeitet und als Richter auch in vielfältigen Konstellationen mit den strafbaren Formen sexualisierter Gewalt zu tun gehabt, als ich in kirchliche Dienste wechselte. Diese Expertise versuche ich in die Arbeit des Beteiligungsforums der EKD einzubringen. Insoweit ist das BeFo mit einem ständigen Abgleich von kirchlichen und gesamtgesellschaftlichen Perspektiven verbunden. Viele kirchliche Gremien haben einen starken Innenbezug. Das ist beim BeFo anders, weil das kirchliche Handeln grundlegend in Frage gestellt ist. Das ist gelegentlich schmerzhaft, aber notwendig, weil es zum Einen darum geht, aus den Fehlern im Umgang mit sexualisierter Gewalt für die kirchliche Arbeit zu lernen und diese nachhaltig zu verbessern, und zum Anderen, Betroffene so zu behandeln, dass die daraus ableitbaren Modelle auch außerhalb der Kirche mit ihren Maßstäben akzeptiert und im günstigsten Fall auf andere Bereiche übertragen werden können
In einigen Punkten, etwa der Anerkennungsrichtlinie, haben Sie juristisches Neuland beschritten. Wie haben Sie sich darauf vorbereitet?
Als Richter lernt man schon in der Ausbildung, sehr genau die Wahrheiten zu unterscheiden, die von der Klägerseite und der Beklagtenseite vorgetragen werden. In einem ersten Schritt wird nur das geprüft, was die Klägerseite sagt: Ob es schlüssig ist, also widerspruchsfrei, logisch nachvollziehbar und als Tatsachengeschichte dem behaupteten Rechtsanspruch eine Grundlage gibt. Bei Gericht schließt sich hieran die Prüfung an, ob die Beklagtenseite erhebliche, das heißt abweichende Tatsachen vorträgt, die dazu führen, dass der vom Kläger behauptete Anspruch nun doch nicht besteht. Die so herausgearbeiteten Widersprüche werden dann nötigenfalls durch die Beweisaufnahme auf der Grundlage feststehender Beweislasten aufgeklärt.
Die Anerkennungsrichtlinie geht nun davon aus, dass Betroffene kaum je in der Lage sind, ihre Erfahrung sexualisierter Gewalt notfalls zu beweisen, wenn der Beschuldigte dies bestreitet, die Tat schon länger zurückliegt und weitere Beweismittel nicht vorhanden sind. Deswegen sieht die Anerkennungsrichtlinie eine Anerkennungsleistung schon dann vor, wenn Betroffene eine plausible Darstellung ihrer Geschichte geben. Das entspricht in etwa der Prüfung eines Gerichts, ob die Darstellung der Klägerseite in einem Verfahren schlüssig ist. Die Schlüssigkeitsprüfung erfolgt dabei nicht blauäugig naiv, sondern kritisch hinterfragend. Die Anerkennungsrichtlinie betritt daher nicht im eigentlichen Sinne juristisches Neuland, sondern vereinfacht den Zugang Betroffener zu Anerkennungsleistungen erheblich, aber nach Maßstäben, die bei den Gerichten bereits für Teile ihrer Arbeit genutzt werden.
Auf diese Gedankenfolgen bin ich mit meiner langjährigen richterlichen Tätigkeit also recht gut vorbereitet. Davon abgesehen wäre es indes nicht förderlich, juristisches Neuland in dem Sinne zu beschreiten, dass die Anerkennungsrichtlinie unser Rechtssystem in Deutschland beiseiteschieben würde. Dafür sind die Verknüpfungen mit diesem System zu umfangreich und vielfältig. Wir sollten alles unterlassen, was den Anschein erweckt, die Anerkennungsrichtlinie würde einen rechtsfreien Raum erschließen. Es geht nur um Erleichterungen im Interesse der Betroffenen innerhalb des bestehenden Rechtssystems.
Welche rechtlichen Fragen, die im BeFo zur Sprache kamen, haben Ihnen das meiste Kopfzerbrechen bereitet?
Es gibt anspruchsvolle Fragen, die insbesondere das Verhältnis einer Entscheidung auf der Grundlage der Anerkennungsrichtlinie zum staatlichen Straf- und Zivilrecht betreffen. Wenn Betroffene Anerkennungsleistungen erhalten, bedeutet das, dass ihre Leidensgeschichte plausibel erscheint und Kirche oder Diakonie sich mit einer in der Regel finanziellen Leistung zu ihrer Verantwortung bekennen, aber es bedeutet nicht, dass die Schuld mutmaßlicher Täter damit anerkannt wird. Diese gelten als persönlich unschuldig, solange sie nicht rechtskräftig verurteilt worden sind. Sie sind im Anerkennungsverfahren ja auch nicht gehört worden. Die Tatvorwürfe müssten also gesondert in einem Ermittlungs- bzw. Strafverfahren, bei Pfarrern und Kirchenbeamten auch in einem Disziplinarverfahren untersucht werden. Diese Trennung zweier »relativer Wahrheiten« ist für Juristen nicht sehr problematisch, lässt juristische Laien jedoch gelegentlich an ihre Grenzen stoßen. Kopfzerbrechen bereitet mir daher, wie die Funktionsweise der Anerkennungsrichtlinie einer breiteren Öffentlichkeit vermittelt werden kann, zumal in einer nicht immer sachlichen Debattenkultur.
Und Kopfzerbrechen bereitet mir auch, wie die Diskussion um die Anerkennungsrichtlinie frei von pseudojuristischen Rauchbomben und Nebelkerzen gehalten werden kann. Ein Beispiel ist der Streit um den Verzicht auf die Einrede der Verjährung. Gegenüber verjährten Ansprüchen kann die Erfüllung verweigert werden. Aber die Frage, ob ein Anspruch verjährt ist, stellt sich in einem Gerichtsverfahren erst, wenn die Klägerseite ihren Anspruch schlüssig vorgetragen und nötigenfalls bewiesen hat. Erst dann braucht die Beklagtenseite, wenn sie es denn will, sich auf die Verjährung zu berufen, um die Zahlung zu verweigern. Die Verjährung kommt also erst zum Tragen, wenn die Darstellung der Klägerseite unbestritten geblieben ist oder sogar bewiesen werden konnte. Wer sich also zugutehält, zugunsten einer betroffenen Person auf die Einrede der Verjährung verzichtet zu haben, muss sich fragen lassen, warum er den Anspruch der Betroffenenseite nicht von vorneherein anerkannt hat. Das hätte er kostensparend noch vor einer Gerichtsverhandlung tun können.
Im Rahmen der Anerkennungsrichtlinie kommt es auf die Verjährung übrigens überhaupt nicht an, weil sie bei der Bewilligung von Anerkennungsleistungen keine Rolle spielt und Kirche und Diakonie sich dort nicht darauf berufen können.
|
|
Enttäuschung über UBSKM-Gesetz
In einer seiner letzten Sitzungen vor der Wahl hat der Deutsche Bundestag das Antimissbrauchsgesetz zur Stärkung der Strukturen gegen sexuelle Gewalt an Kindern und Jugendlichen beschlossen, auch als UBSKM-Gesetz bezeichnet. In der vergangenen Woche stimmte auch der Bundesrat zu. Damit werden die Unabhängige Beauftragte für dieses Thema sowie die bei ihr angesiedelten Organe Betroffenenrat und unabhängige Aufarbeitungskommission auf eine rechtliche Grundlage gestellt. Nancy Janz, Sprecherin der Betroffenenvertretung im BeFo ist über den Umfang des Gesetzes enttäuscht: »Ich bedaure sehr, dass von den Vorschlägen, die von sexualisierter Gewalt betroffene Personen für das neue Gewaltschutzgesetz des Bundes eingebracht haben, so wenig am Ende übriggeblieben ist. Wir haben in unserer Arbeit im BeFo bereits viele Erfahrungen gemacht und Verbesserungen im kirchlichen Bereich erwirkt. Was aber weiterhin fehlt, ist eine gesamtgesellschaftliche Lösung.«
|
|
Annette Buschmann, Andreas Stahl: Unsagbare Worte – Trauma, Poesie und die Suche nach Gott. München: Herder 2025. 28 Euro
Auf der Suche nach Land im Meer der Sprachlosigkeit
Poetische Texte einer betroffenen Frau im Dialog mit wissenschaftlichen Kommentaren
Traumatische Erfahrungen in Worte zu fassen, ist oft sehr herausfordernd. Und dennoch kann es für die Bewältigung wichtig sein, dem Meer der Sprachlosigkeit Land abzugewinnen. Dieses Buch beschreibt einen solchen Versuch. Der erste Teil enthält poetische Texte einer Frau, die als Pfarrerstochter sexualisierte Gewalt erlebt hat. Die Texte bezeugen die Erschütterungen in ihrem Leben, ihrem Glauben, ihrer Suche nach Hoffnung und nach Gott. Der zweite Teil des Buches beleuchtet diese Texte aus Sicht von Literaturwissenschaft, Psychotraumatologie und Theologie. Er ist ein Interpretationsangebot. Zwischen den beiden Autoren entsteht so ein intensiver Dialog. Das Buch ist Sprachhilfe für Unsagbares und eine inspirierende Lektüre für betroffene Menschen, eine erhellende für kirchliche Mitarbeitende und Interessierte.
|
|
|
Die sehenswerte ZDF-Doku ist noch bis zum 28. Januar 2030 in der Mediathek abrufbar.
Eine Dauerkarte für St. Pauli als Entschädigung
ZDF-Dokumentation »Leben nach dem Missbrauch«
Ende Januar hat das ZDF in der Reportagereihe 37 Grad eine Dokumentation über sexualisierte Gewalt in der evangelischen Kirche ausgestrahlt, die noch abrufbar ist. Im Mittelpunkt stehen die Fälle von Anselm Kohn, der zusammen mit seinem Bruder 2010 den Fall Ahrensburg bekannt machte, Nancy Janz, die heute für die Betroffenen im BeFo spricht, und Markus Klaaßen, der erst nach einem Burnout die verdrängten Kindheitserinnerungen wieder zulassen konnte. Der Autorin Nathalie Sutor ist ein zugleich einfühlsamer und informativer Film gelungen – mit manchen Kopfschüttel-Momenten: etwa, wenn Kohn berichtet, dass ihm als Anerkennungsleistung zunächst eine Dauerkarte für den FC St. Pauli angeboten wurde.
|
|
|
Roxane Gay (Hg.): Halb so schlimm – 29 Essaysüber Rape Culture. München: Penguin/btb 2024. 14 Euro
Die vielen Gesichter der Rape Culture
29 Essays über sexualisierte Gewalterfahrungen
Sexualisierte Gewalt ist ein weltweites Problem und geht jede*n an – weil jede*r jemanden kennen dürfte, der betroffen ist. Das sagt Gay Roxane, eine US-amerikanische Autorin, die schon mehrfach feministische Bestseller veröffentlich hat. Nun ist die von ihr herausgegebene Sammlung »Not that bad« auf Deutsch erschienen: 29 Autor*innen unterschiedlicher Herkunft berichten von ihren Erfahrungen mit sexualisierter Gewalt. Mit der Veröffentlichung will Gay der toxischen Bewältigungsstrategie »Es hätte schlimmer kommen können« entgegenwirken und den Betroffenen durch ihre Geschichten die Chance geben, dass die Scham die Seite wechseln kann.
|
|
|
Haben Sie Fragen zum Aufarbeitungsprozess in den evangelischen Kirchen oder der Diakonie, suchen Sie Informationen? Wir freuen uns über Ihre Mail mit Anregungen, Anfragen und Kritik an praevention@ekd.de. Wenn Sie das ForuM-Bulletin interessant fanden, können Sie es über diesen Link weiterempfehlen. Das nächste ForuM-Bulletin erscheint im Mai 2025.
Bis dahin, herzlich Ihr ForuM-Bulletin-Team
|
Anna-Lena Franke, Frank Hofmann. Foto: Dörte Rautmann
|
|
|
|
|